Kaufmann und Lindgens
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    Bewährt. Flexibel. Stark.

    Punktgeschweisste Drahtgitter seit 1952

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    Punktgeschweisste Drahtgitter seit 1952

Das Runde wird zum Eckigen

Tschack, tschack, tschack, 120 Beats pro Minute, deftiger Krach und Lichtgeflacker, aber mitnichten eine Techno-Party: Den Takt besorgen Schweissgitter-Automaten, Kurzschlussströme die "Lightshow". Jede halbe Sekunde werden Quer- und Längsdrähte zum kompletten Industriegitter verschweisst, oder anders: wird mit Hightech im niederrheinischen Wegberg Draht verarbeitet.

Und doch ist es im wahrsten Wortsinn ein ‚heißer Tanz’, den die 35 Mitarbeiter bei Kaufmann & Lindgens in Wegberg tagtäglich und rund um die Uhr aufführen. Denn punktgeschweißte Gitter werden seit über 50 Jahren durch elektrische Widerstandsschweißung hergestellt, ähnlich dem Buckelschweißen im Karosseriebau. Unter dem Schweißportal der Halbautomaten erhitzt ein Kurzschlussstrom das Material Draht an den Kreuzungspunkten in Sekundenbruchteilen auf über 900 0C, durch gleichzeitiges Zusammenpressen erfolgt dann die stoffschlüssige Verbindung, danach das wassergekühlte Aushärten des Schweißpunktes.

Die Automatisierung dieses Fügeverfahrens - ohne Zugabe eines Zusatzwerkstoffes – wurde nach dem 2. Weltkrieg zunächst angetrieben durch die Herstellung von Betonstahlmatten, deren Einsatz damals die Verlegepraxis in der Bauindustrie revolutionierte. Standardisierte Matten mit großen Maschenweiten, dicken Drähten und Tafelgrößen von 6x2,5m ließen sich schnell, präzise, sauber und mit reproduzierbarer Qualität herstellen. Je schneller, desto kostengünstiger.

Im Laufe der Jahrzehnte sorgten Weiterentwicklungen auf dem elektrischen, mechanischen und steuerungstechnischen Gebiet dafür, dass immer dünnere Drähte, kleinere Maschenweiten und engere Toleranzen realisiert werden konnten. Der Markt für Schweißgitter etablierte sich, rundgezogene glatte Drähte mit verchromungsfähiger Oberfläche erhielten Einzug in die Massen-produktion und das Industriegitter entwickelte sich als Stahlleichtbauelement zwischen anspruchsvollem Bedarf und technisch Machbarem. Heute werden blanke, verzinkte oder rostfreie Stahldrähte ab 2,0mm Durchmesser verschweißt, Maschenweiten von 20 mm und weniger werden realisiert. Millimetergenau, spannungsfrei, planeben. Ein Standardgitter mit einer Teilung von 25mm und einer Drahtstärke von 3,0mm gehört in der Tafelgröße 3x1,5m längst zum Lieferprogramm eines leistungsfähigen Industriegitterherstellers.

Punktgeschweißte Drahtgitter kommen in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz: als Schutzzaun, Schotterkorb, Kabelkanal, in Transportbehältern, Warenpräsentationssystemen, als Fassadenverkleidung, Geländer-füllung, Deckenabhängung, Tierkäfig, Grillrost, Einkaufswagen, Absturz-sicherung, Laderaumabtrennung etc. Je nach Produkt sind die Anforderungen an Schweißqualität, Toleranzen oder äußere Form höchst unterschiedlich. Zusätzlich fordert der Markt für Industriegitter ein Höchstmaß an Flexibilität und Wirtschaftlichkeit, für die Massenproduktion genauso wie für Losgröße 1.

Grundsätzlich gibt es bei der Herstellung von Industriegittern der Drahtstärken 2,0 bis 8,0mm zwei unterschiedliche Verfahrensweisen in der Zuführung von Längs- und Querdrähten: das kontinuierliche Schweißen ab Spule und das manuelle oder automatische Zuführen von vorgerichteten und –geschnitten Stäben. Erstgenanntes Verfahren lohnt sich vor allem bei hohen und sehr hohen Stückzahlen, denn alleine das Einrichten einer solchen Anlage auf ein anderes Produkt kann mitunter Tage dauern. Neben dem Platzbedarf für einen solchen Automaten – jeder Längsdraht kommt von einem anderen Haspel – müssen mitunter auch qualitative Nachteile, z.B. mangelnde Planebenheit, in Kauf genommen werden. Andererseits lassen sich so vor allem dünnere Drähte in der Zuführung besser handeln und zusätzlich notwendige Anarbeitungsprozesse, wie Besäumen oder Aus-klinken, wirtschaftlicher integrieren.

Die Verschweißung „vom Stab“ hingegen bietet höhere Flexibilität durch kürzere Umbauzeiten und neben dickeren Drähten lassen sich auch z.B. Flacheisen oder vorgebogene Rahmendrähte problemlos dem Schweißportal zuführen.

In dem Rennen um immer größeren Ausstoß und stetig steigende Taktzahlen etablieren sich mittlerweile Maschinen mit kombinierter Zuführtechnik: die Querdrähte werden direkt am Schweißportal gerichtet/abgelängt und dann „eingeschossen“, teils beidseitig oder auch von oben und unten (z.B. bei der Produktion von Doppelstab-Zaunelementen).

Nicht nur die Steuerungstechnik, bedienerfreundlich per Touch-Screen direkt am Maschinenterminal abruf- und programmierbar, muss für diese hohen Geschwindigkeiten ausgelegt sein, auch die entsprechende Performance und Leistung der Schweißtransformatoren und -pressen, die exakte Kühlung und die genaue Zuführung und Positionierung von Längs- und Querdrähten wären noch vor 15 Jahren in dieser Form undenkbar gewesen. Bei einem 2m-breiten Gitter mit einer Maschenweite von 40mm wird 1 Querdraht gleichzeitig mit 50 Längsdrähten verschweißt, je 2 davon auf bzw. unter 1 Kupferelektrode, 2 Elektroden pro Elektrodenhalter, 2 Halter pro Schweißtrafo, bis zu 10 Trafos an einer Maschine. Die ganze Baugruppe muss einem Pressendruck von bis zu 5 kN standhalten, und das 2 mal pro Sekunde. Allein das eine feinwerktechnische Herausforderung an Konstrukteur und Einrichter/Bediener der entsprechend ausgelegten Halb- oder Vollautomaten. Die sorgfältige Auswahl und das Aufeinander-Abstimmen der optimalen Materialien und verwendeten Bauteile ist eine Wissenschaft für sich. Allein bei Auswahl der Form, Geometrie, Dicke/Masse, Passgenauigkeit, Härte und elektrischen Leitfähigkeit der geeignetsten Kupferelektroden hat man Hunderte von Kombinationsmöglichkeiten; und doch bilden sich schnell Deformationen und Verbrennungsrückstände auf der Elektrodenoberfläche aus, die es immer wieder zu entfernen gilt.

In Wegberg sorgt vor allem ein sorgfältiger Produktionsplanungsprozess für die wirtschaftliche Fertigung. Am Anfang steht das Drahtrichten, und so werden Aufträge gleicher Drahtstärke und -art so hintereinander geschaltet, dass die Richt- und Schneidanlagen möglichst wenig umgebaut werden müssen. Denn jeder Drahtdurchmesser erfordert andere Ein- und Anpress-rollen, unterschiedliche Buchsengrößen am Schermesser und bis zu 5 individuell zu positionierende Richtsteine innerhalb des rotierenden Richtflügels. Richtsteine aus Grauguss oder Hartmetall, aus Kunststoff oder manchmal sogar aus Holz, der jeweiligen Drahtstärke angepasst, versteht sich.

Rund um die Uhr werden so Draht-Coils mit bis zu 2 to. Gewicht (das sind gut 20km bei Runddraht 4,0mm!) unterbrechungsfrei abgerichtet. Diese Art der Coil-Aufmachung spart nicht nur Geld im Einkauf, sondern auch noch so viel Zeit, dass ein Mitarbeiter gleichzeitig 8 Richt- und Schneidmaschinen bedienen, ver- und entsorgen kann. Angetriebene Ablaufteller, Servo-Antriebsmotoren und ein betriebsintern weiterentwickeltes Anschlagssystem zur Schnittauslösung garantieren neben graden Stäben auch Längentoleranzen von wenigen Zehntel Millimeter, und dass bei Durchlaufgeschwindigkeiten von bis zu 2 m/sec.

Die so spannungsfrei produzierten und in Auffangmulden an der Richtmaschine gesammelten Stäbe werden in Kranbunden den Längs- oder Querdrahtmagazinen der Schweißgitterautomaten zugeführt. Jeder Längsdraht benötigt einen eigenen Zuführschacht, exakt unter ihm angeordnete Kupferelektroden und auf Auszugsseite die günstigste Positionierung der Auszugshaken. Diese sind pneumatisch gesteuert auf einem von einem Servomotor angetriebenen Auszugswagen angeordnet, der für den zehntelmillimetergenauen Vorschub der Querdrahtteilung sorgt. Unterschiedliche Maschenweiten erfordern andere Elektrodenbreiten, je nach Drahtstärke und –qualität variiert die Höhe von Strom, Druck und Schweiß-zeit, zudem wollen die passenden Auskämmräder und Positioniereinheiten für den Querdraht installiert sein. Schlussendlich benötigen die in der Regel auf Wechselstromtechnologie basierenden Schweißtrafos immer gleichermaßen Pol und Gegenpol (Plus/Minus), also idealerweise eine grade Anzahl von Längsstäben. Ein simpler Wechsel der Maschenweite konnte vor zehn Jahren schnell bis zu 8 Stunden Umbauzeit bedeuten, heute sind es im Durchschnitt immerhin noch 4h. Und Zeit ist Geld, denn letztlich ist die Wertschöpfungskette vom Draht zum fertigen Industriegitter mehr als überschaubar. Dabei bestimmt überwiegend der Markt den Preis für das fertige Gitter; Qualität der Verschweißung, Planebenheit oder Einhaltung von Abmessungstoleranzen werden seitens der Kundschaft vorausgesetzt.

Folgerichtig kommt es auch an den Schweißgitterautomaten auf die richtige Ablaufplanung an, denn durch z.B. das „Hintereinanderlegen“ von Aufträgen gleicher Maschenweite und Drahtstärke lassen sich Umfang und Zeiten für Umbauten reduzieren und notwendige Stillstandskosten minimieren. Wohl dem Hersteller, der über einen großen und flexiblen Maschinenpark, ein ausreichendes Auftragspolster und ein eigenes Standardgitterprogramm verfügt.

Letzteres bietet bei kleinen Losgrößen auch zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil: Einzel- oder Mustergitter können aus Lagerware zugeschnitten und so kostengünstig und schnell an den Kunden weitergegeben werden. Sonderanfertigungen sind zwar mittlerweile dank flexiblerer Schweißgitter-automaten auch preiswert zu bekommen, doch kann die Wartezeit, bis es dann irgendwie „reinpasst“, durchaus bis zu 4 oder gar 6 Wochen betragen.

Wer darauf warten kann, profitiert dagegen von dem hohen Automatisierungsgrad in Wegberg: Handlingsgeräte stapeln nicht nur automatisch ab, durch installierte Zusatzaggregate lassen sich auch unterschiedliche Draht-stärken, –formen und –längen genauso unter dem Schweißportal zum fertigen Gitter fügen, wie Aussparungen oder Randbearbeitungen integriert werden können. Früher notwendige, nachträgliche und damit zusätzliche Anarbeitungsschritte können so vielfach entfallen.

Ist die geforderte Gittergeometrie auf einem Automaten nicht oder nicht wirtschaftlich herzustellen, kommt eine CNC-gesteuerte Koordinaten-Schweißmaschine zum Einsatz. Hier werden die einzelnen Drahtstäbe (auch dreidimensional-gebogene, oder Flachmaterialien etc.) zunächst in eine Art Schablone eingelegt, dann fährt eine Einzelelektrode den Arbeitsbereich von 2x1m ab und besorgt die nötige Verbindung der Kreuzungspunkte. Ein preisgünstiges Industriegitter muss heute eben nicht mehr zwingend aus rechtwinklig zueinander verlaufenden graden Drahtstäben einer Sorte bestehen.

Nicht allein der günstigste Einkaufspreis für Draht entscheidet über Wohl und Weh eines Industriegitterherstellers (der Materialpreis macht nicht selten bis zu 70% des Verkaufspreises aus), vor allem die kurzfristige Verfügbarkeit der unterschiedlichen erforderlichen Qualitäten (Zugfestigkeit, Oberflächen-beschaffenheit, Werkstoffzusammensetzung etc.) ist ausschlaggebender Faktor zum Bestehen am Markt. Große Mengen Draht sind aufgrund der Korrosionsanfälligkeit nicht lange lager- und schon gar nicht finanzierbar, die in den letzten 5 Jahren stark schwankenden Stahlpreise würden zudem ein untragbares Spekulationsrisiko bergen. Die enge Zusammenarbeit mit einigen wenigen, gut sortierten leistungsfähigen Drahtziehereien ist heute unabdingbar. Kurze Lieferzeiten bei Gittern, neben dem Qualitätsaspekt der vielleicht wichtigste Wettbewerbsvorteil gegenüber Fernost, lassen sich nur bei unmittelbarer Verfügbarkeit vom Vormaterial Draht umsetzen.

Und schließlich rechtfertigt der „Faktor Mensch“ den Produktionsstandort Deutschland. Denn Drahtverarbeitung benötigt viel Fingerspitzengefühl. Erst die intensive Schulung und langjährige Erfahrung aller Mitarbeiter in Einkauf, Planung und Maschinenbedienung garantiert den effizienten und auskömmlichen Produktionsprozess. Ein relativ hohes Durchschnittsalter und langjährige Betriebszugehörigkeiten sind prägende Kennzahlen der Personal-entwicklung bei Kaufmann & Lindgens. Dagegen sucht man irgendwelche Qualitätsingenieure in Wegberg vergeblich, Vorarbeiter oder Schichtleiter gibt es eben so wenig. Folgerichtig verantwortet ein jeder Maschinenführer die Qualität „seiner“ Schweißgitterproduktion direkt; die Zufriedenheit des Kunden ist Maxime und Motivation zu gleich.

So ist ein Schweißgitter, auf den ersten Blick eine scheinbar simple Aneinanderheftung runder Drähte in Fixlängen, ist in Wahrheit ein High-Tech-Produkt, bei dessen Serienproduktion das Mix aus Material, Maschine und Mensch perfekt stimmen muss. Die bewährten Technologien werden auch in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden. Nicht grundsätzlich, aber im Detail. Nicht höher, aber schneller. Und weiter, im Sinne von genauer, planebener, ökonomischer und ökologischer. Und vielleicht feiert man in Wegberg dann sogar die erste HighTechno-Party...


Volker Boos, Kaufmann & Lindgens GmbH für Fachzeitschrift „Draht“, Ausgabe 01/2011

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